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Seperatistische Tendenzen des äußeren Egos
#5
Hi Omega,

ja, finde ich auch, ein sehr spannendes Thema, und paßt gerade ganz hervorragend in meine Denke:a020: .

Omega schrieb:Warum ist das Ego so sehr auf Dauerhaftigkeit, Stabilität, Kontinuität und Ähnlichkeiten fokussiert, vor allem, wenn es um seine Identität geht ?

Ich für meinen Teil denke, dass einer der Hauptgründe darin liegt, dass dem Ego das "objektive" oder ehr "ihm zugängliche Bewusstsein" die Landkarte ist, die es kennt. Und da es darauf bedacht ist, sich darin zurecht zu finden, macht es Sinn, wenn alles an seinem Platz ist. Ich stelle mir das so ähnlich vor wie bei einem Blinden, in dessen Wohnung alles an seinem Platz steht, damit der Blinde sich gut dort zurecht findet. Wenn dort jeden Tag immer wieder alles woanders hingestellt wird, könnte ich mir gut vorstellen, dass der Blinde ziemlich unsicher wird, weil er sich nicht mehr sicher durch seine Umgebung bewegen kann.

Außerdem gibt des ja noch diesen schönen Satz: Was der Bauer nicht kennt, frißt er nicht.

Alles, was das Ego anfassen kann, was es sich erklären kann, was ihm logisch erscheint, was nachvollziehbar und vielleicht auch vor allem "reproduzierbar" ist, gibt dem Ego die Sicherheit, die es "für nötig hält". Grundsätzlich ist es ja oft in den ersten Lebensjahren so, dass z.B. Träume oder "übersinnliche" Erfahrungen von Eltern oder sonst wem "negiert", also für ungültig erklärt werden. Also bleibt dem Ego ja nur das, was es ganz objektiv erleben kann, und das oft für eine lange Zeit. Und dann kommt ein Seth oder das innere Selbst daher, und erklärt dem Ego, dass es Teil eines "grösseren Ganzen" ist, dem noch ganz viele "unvorstellbare" Möglichkeiten zugrunde liegen.

Und nun wird dem Ego abverlangt, dass es "in die zweite Reihe" zurücktreten soll, um sich auf das innere Selbst zu verlassen, welches es aber weder greifen, noch logisch erklären kann. Da kommt meiner Meinung nach beim Ego ganz schnell der Gedanke auf:"Das geht doch nicht mit rechten Dingen zu", und es stellt diese Thesen in Frage, weil es um sich selbst besorgt ist. Und weil es unsicher ist, da Gelerntes vollkommen in Frage gestellt ist.

Das stelle ich mir so vor: jemand fährt über etliche Jahre immer die selbe Strecke, um seine Oma zu besuchen. Derjenige kennt den Weg im Schlaf, jede Kurve, jeden Baum, einfach alles. Und nun, plötzlich, von einem Tag auf den anderen, ist der Weg vollkommen verändert. Das sorgt schon mal für eine mächtige Überraschung, die dem Fahrer einiges abverlangt. Wenn ich mir dann noch vorstelle, der Mensch soll nun auch noch "auf dem Beifahrersitz" Platz nehmen, weil jemand anderes, den er "noch nicht mal richtig" kennt, das Fahrzeug fahren soll, da ist doch dann das Chaos perfekt. Natürlich wäre es an dieser Stelle besser, denjenigen fahren zu lassen, der sich mit den neuen Gegebenheiten auskennt, und kooperativ zu sein, aber ich kann mir auch sehr gut vorstellen, dass in diesem Moment erst mal Bedenken da sein werden, die nicht zu knapp sind.

Omega schrieb:Geht es wirklich nur darum, dass es sich als "Einzelkämpfer" erlebt und es alles, was nicht eindeutig von ihm selbst kommt, als Bedrohung sehen muss?

Ich kenne einen Pferdehof, dort haben wir auf einer Wiese jedes Jahr eine grosse Party veranstaltet. Dafür mussten wir immer ein Kabel und eine dicke Gummimatte über die Straße legen.
Wenn der Bauer morgens oder abends die Pferde über die Straße führte, so taten sich einige sehr schwer damit, einfach über das Kabel oder die Gummimatte drüber zu gehen, weil es für sie unbekannt war. Es waren nicht alle Pferde gleich, einige hatte keine Schwierigkeit, andere mussten quasi gezwungen werden, das "Hindernis" zu überwinden. Das kann man glaub ich ganz gut mit dem vergleichen, zu dem das Ego neigt, wenn ihm Unbekanntes begegnet, was es sich nicht erklären kann.

Omega schrieb:Ist es nur ein kognitives Defizit, wenn es sich nicht als Teil des Gesamtselbst begreifen kann?

Nein, denke ich nicht. Ich vergleiche das mal mit einigen Videospielen, die ich früher gespielt habe. Man hat das Spiel gekauft, und sich erstmal drangesetzt und gezockt. Irgendwann war man durch, und hat sich dann das Lösungsbuch dazu gekauft, um das Spiel nochmal zu spielen, aber um diesmal alle versteckten Geheimnisse, Extras usw. sicher zu finden, weil dann vielleicht am Ende noch das eine oder andere Extralevel zur Verfügung stand. Ich denke, der "Spielspaß" wäre ziemlich verloren gegangen, wenn man schon beim ersten Mal die komplette Lösung vorliegen gehabt hätte. Und so sehe ich das auch bei unserem Dasein: welche Ernsthaftigkeit wäre noch vorhanden, wenn man tatsächlich schon vollumfänglichen Zugriff auf alle Lösungen hätte. Ich denke, dass hier sozusagen das Lösungshandbuch in "vorheriger" Absprache erst mal unter Verschluß gehalten wird, damit man selbst drauf kommt.

Omega schrieb:Wäre hier – wie auch in anderen Fällen- ein kooperatives Verhalten des Egos nicht hilfreicher als Abtrennung?

Da bin ich mir gar nicht so sicher. Das könnte so sein, wenn es aus Situationen, in denen das Ego nicht kooperativ war oder ist, nichts rauszuziehen wäre. Aber ich habe auch schon die Erfahrung gemacht, dass ich sehr viel erfahren konnte, wenn sich das Ego quasi quer gestellt hat. Und ich glaube, je mehr man das Ego ab einem gewissen Punkt einbindet, umso kooperativer wird es. Aber ich denke, dass es auf Druck ehr noch "unkooperativer" wird. Es meint, sich halt selbst am Besten zu kennen. Und noch etwas ist meiner Meinung nach wichtig: wir leben ja in einer Zeit, in der der Begriff "Ellenbogengesellschaft" vielen ja bekannt ist und auch eine gewisse Gültigkeit hat. Wenn man also schon in der Schule lernt, sich gegen andere durchsetzen zu müssen, sich mit anderen zu vergleichen, ausgesiebt zu werden, wenn man schwächer ist, warum sollte das innere Selbst dann nicht auch vom Ego als eine Art "Konkurrent" gesehen werden. Vor allem, wenn man das Gefühl hat, dass dieser "Konkurrent" mit Qualitäten ausgestattet ist, auf die das Ego selbst nicht oder nur beschränkt zugreifen kann. Da kann ich mir schon gut vorstellen, dass so ein kleines Ego allein schon aus Trotz manchmal dichtmacht, weil es vielleicht das Gefühl hat, einen Konkurrenten zu haben, dem es nicht auf Augenhöhe begegnen kann.

Nachdem ich das alles so geschrieben habe, kommt mir der Gedanke gar nicht so abwegig vor, dass das Ego manchmal auf seine eigene Art mit dem inneren Selbst in Konkurrenz steht, und sich sein "besser sein" und "besser wissen" durch "Kontra-Handlung" selbst beweisen will.

Wie gesagt, tolles Thema, und es macht mir wirklich Spaß, mir darüber Gedanken zu machen:Winker: .

LG Michael

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RE: Seperatistische Tendenzen des äußeren Egos - von Kashi63 - 11.08.2011, 16:45
RE: Seperatistische Tendenzen des äußeren Egos - von Michael - 11.08.2011, 18:49
RE: Seperatistische Tendenzen des äußeren Egos - von Michael - 11.08.2011, 23:05
RE: Seperatistische Tendenzen des äußeren Egos - von Michael - 12.08.2011, 10:54
RE: Seperatistische Tendenzen des äußeren Egos - von Michael - 12.08.2011, 17:46
RE: Seperatistische Tendenzen des äußeren Egos - von Michael - 12.08.2011, 20:08
RE: Seperatistische Tendenzen des äußeren Egos - von Michael - 14.08.2011, 11:53

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