hallo zusammen,
ich arbeite seit einer Woche in einem alten- und pflegeheim als ergotherapeutin und könnte jetzt eigentlich schon ein buch darüber schreiben
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hauptaufgabengebiet sind neben bewohnern im ganzen haus und diversen andere aufgaben, die "schweren" fälle, der gerontopsychiatrische bereich, d.h. menschen mit schwerster demenz; menschen die weglauftendenzen haben; menschen, die keiner mehr auf einer anderen station mehr haben will, weil sie z.B. den ganzen tag schreien u.a.
die erste woche war megaschön (mit den alten leutchen und dem ergoteam ist es total knuffig und ich hab schon viel gelacht), megainteressant (vielen neuen eindrücken und energien und die strukturen im haus), megaanstrengend (lange Arbeitszeiten), megaerschreckend (vom menschlichen und der überlastung der schwestern) und ich war am freitag MEGAKNÜLLE
zudem kam beginnend freitag abend, nee richtig saftige grippe dazu. ich bin sehr selten krank und nee richtige grippe mit fieber ist bei mir an einer hand abzuzählen.
ich gucke dann in bestimmten büchern und hole mir anregungen woher das kommen kann, was die ursache sein könnte. zuerst war
louise hay dran, wo stand:
Zitat:reaktion auf massennegativität und massenglaube. furcht. glaube an statistiken.
und es schoß mir in mark und bein. was ich die woche erlebt und gespürt habe wer echt der hammer und das passt total! die machtstrukturen, die streichung der nachtzuschläge, die fehlende weiterleitung von anderen zuschlägen, das geringe gehalt, die arbeitsbelastung, die zeitbelastung, die minutentaktung, der stress, die unzufriedenheit und die resignation nichts ändern zu können, kommen mir dort wie eine wand vor.
in der kurzen zeit in der ich da bin, spüre ich einfach, dass es hier nicht um den erhalt der selbstständigkeit, um menschlichkeit, sondern um rentabilität seitens des heimbesitzers geht. zudem steht zwar hilfe zur selbsthilfe auf d programm, was wird aber gemacht? animationsprogramm und aktivierung um jeden preis, ohne dabei den einzelnen zu sehen (demnächst soll für die tagesstrukturierung der bewohner ein "pflichtprogramm" kommen, an dem jeder teilnehmen muss)
und wer sind die leidtragenden, die bewohner, die nur selten menschen um sich haben, die sie verstehen und menschlich auf sie zugehen - aufgrund des oben genannten frusts, was ich sehr gut nachvollziehen kann.
eine situation hat mich am freitag dermaßen geschockt und ich habe meine eigene hilflosigkeit und ohnmacht gespürt. eine alte dame, die ich bisher noch nie allein hab essen sehen, hat an dem tag allein gegessen! sie hat den löffel allein gehalten und hat die puddingsuppe vom teller zum muns geführt ohne zu kleckern, was mein herz berührte und mich ein loch in den bauch hat freuen lassen.
bis die schwestern kamen, eine sie unsaft noch hinten an die lehne drückte, worauf die bewohnerin protestierte, die andere ihr, ohne was zu sagen, das medikament verabreichte und sie dann eine tablette auf den löffel mit puddingsuppe bekam und ihr diese eingeflöst wurde. danach bekam sie noch mehrmals den löffel in den mund geschoben.
für mich war das, neben einer bewohnerin, die sehr oft schreit und dann oft in ein zimmer gestellt wird, ein totaler schock. das tat mir weh und die tränen standen mir bis zu den augen. die frau musste danach weiter gefüttert werden, was ich dann gemacht habe, der "lichte" augenblick war vorbei.
ich habe mit den pflegekräften an dem tag nicht geredet. ich hatte schon am morgen das gefühl, dass es der einen schwester schlecht geht. außerdem bin ich erst eine woche da, arbeite nichtjeden tag mit den gleichen schwestern zusammen, sodass sie mich noch nicht kennen und einschätzen können. ich hatte das gefühl, die situation nicht gestalten zu können, fühlte mich hilflos und ohnmächtig. und was fand ich einem anderen buch:
Zitat:von christine stecher
ich bin pessimistisch und schließe mich der allgemeinen fluchtbewegung an. ichhabe keine kraft, mich zu engagieren und die situation nach meinen wünschen zu gestalten. ich will mich reinigen und brauche eine ruhepause
da die letzten monate und woche aufgrund von prüfungen megastressig waren und ich mir selbst in den 10 tagen frei vor arbeitsbeginn mir keinen ruhe gönnte, isst es nun ja kein wunder, dass ich und mein körper sich mit der situation überfordert fühlen.
Zitat:weg als krankheit: thorwald dethlefsen
Erkältung und grippale Affektionen
Bevor wir die Atmung verlassen, wollen wir kurz die Symptome der Erkältung betrachten, da hiervon die Atmungs-organe meistens am stärksten betroffen sind. Grippe wie Erkältung sind akute entzündliche Prozesse, und so wissen wir, daß auch sie Ausdruck einer Konfliktbearbeitung sind. So bleibt für unsere Deutung an dieser Stelle nur die Betrachtung der Orte und Bereiche übrig, an denen sich der entzündliche Prozeß manifestiert. Eine Erkältung tritt immer in Krisensituationen auf, in denen man die Nase voll hat bzw. über etwas verschnupft ist. Vielleicht hört sich für manche der Begriff »Krisensituation« zu bombastisch an. Natürlich sind hier keine einschneidenden Lebenskrisen gemeint, sie drücken sich in entsprechend gewaltigen Symptomen aus. Wir meinen mit »Krisensituationen« jene häufigen, unsensationellen, aber für die Psyche dennoch wichtigen Alltagssituationen, die wir als Überlastung empfinden und deretwegen wir einen legitimen Grund suchen, uns ein wenig zurückzuziehen, weil uns die Situation zu sehr fordert. Da wir im Moment nicht bereit sind, uns die Herausforderung dieser »kleinen« Alltagssituationen und unsere Fluchtwünsche bewußt einzugestehen, kommt es zur Somatisierung; unser Körper lebt daraufhin unsere volle Nase und unser Verschnupftsein aus. Doch auch über diesen (unbewußten) Weg haben wir unser Ziel erreicht, sogar mit dem Vorteil, daß jedermann großes Verständnis für unsere Situation hat, worauf wir bei bewußter Konfliktbearbeitung kaum rechnen könnten. Unsere Erkältung gestattet es uns, uns erst einmal von der belastenden Situation etwas zurückzuziehen und uns wieder mehr uns selbst zuzuwenden. Wir können unsere Empfindlichkeit nun auf der körperlichen Ebene voll ausleben.
Der Kopf tut weh (unter diesen Umständen kann man doch wohl eine weitere bewußte Auseinandersetzung von niemandem erwarten!), die Augen tränen, alles ist wund, gereizt. Diese generalisierte Empfindlichkeit kann sich schließlich bis zum »Haarspitzenkatarrh« steigern. Niemand darf uns zu nahe kommen, nichts und niemand darf uns mehr berühren. Die Nase ist verstopft und macht alle Kommunikation (atmen als Kontakt!) unmöglich. Mit der Drohung: »Komm mir nur nicht zu nahe, ich bin erkältet!« hält man sich erfolgreich alle vom Leibe. Diese Abwehrhaltung kann man durch Niesen noch eindrucksvoll unterstützen, denn hierbei wird das Ausatmen zu einer recht aggressiven Abwehrwaffe umfunktioniert. Auch die Sprache als Kommunikationsmittel wird durch den rauhen Hals auf ein Minimum reduziert, für Auseinandersetzungen reicht es auf jeden Fall nicht mehr. Ein bellender Husten zeigt durch seinen bedrohlichen Ton deutlich, daß sich die Kommunikationsfreude darauf beschränkt, bestenfalls jemandem etwas zu husten.
Daß bei so viel Abwehr auch die Mandeln als eines der wichtigsten Abwehrorgane des Körpers auf Hochtouren arbeiten, ist nicht verwunderlich. Dabei schwellen sie so an, daß man nicht mehr alles schlucken kann, ein Zustand, der den Patienten zu der selbstkritischen Frage ermuntern sollte, was er denn eigentlich nicht mehr schlucken will. Schlucken ist ja ein Akt des Hereinnehmens, des Akzeptie-rens. Doch gerade das wollen wir jetzt nicht mehr. Das zeigt uns die Erkältung auf allen Ebenen. Die Gliederschmerzen und das Zerschlagenheitsgefühl der Grippe lähmen jede Bewegung und vermitteln manchmal sogar durch Schulterschmerzen einen spürbaren Eindruck des Gewichts der Probleme, die einem auf der Schulter lasten und die man nicht länger tragen will.
Eine ganze Menge von diesen Problemen versuchen wir in Form von eitrigem Schleim aus uns herauszubefördem, und je mehr wir davon loswerden, um so erleichterter fühlen wir uns. Der zähe Schleim, der zuerst alles verstopfte und so jeden Fluß und jede Kommunikation unterbrach, muß sich lösen und verflüssigen, damit wieder etwas in Fluß und Bewegung kommt. So bringt schließlich jede Erkältung wieder etwas in Fluß und signalisiert einen kleinen Fortschritt in unserer Entwicklung. Die Naturheilkunde sieht in der Erkältung mit Recht einen sehr gesunden Reinigungsprozeß, durch den Toxine aus dem Körper ausgeschwemmt werden - auf der psychischen Ebene entsprechen den Toxinen Probleme, die analog ebenfalls verflüssigt und ausgeschieden werden. Körper und Seele gehen gestärkt aus der Krise hervor - bis zum nächsten Mal, wenn wir mal wieder die Nase voll haben . . .
ich bin motiviert und denke lösungsorientiert, habe aber aufgrund der dicken wand die ich spüre die befürchtung, dass ich meinen elan und meine motivation nur kurz aufrecht erhalten kann.
dazu kommt die diskrepanz zwischen der arbeitsweise des pflegepersonal (pflege unter zeitdruck) und der ergotherapeuten (u.a. erhalt der größtmöglichen selbstständigkeit) und wo wenig verständnis füreinander zu spüren ist.
interessant ist auch, wie die bewohner auf die energien der schwestern und pfleger reagieren.
ich wollte hier mal die andere sicht aufschreiben.
LG